Vereine der Fußball-Bundesliga protestieren gegen rechts – DW – 19.01.2024
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Vereine der Fußball-Bundesliga protestieren gegen rechts

19. Januar 2024

Die Proteste gegen Rechtsextremismus und mögliche Pläne der AfD zur "Remigration" gehen auch am deutschen Profifußball nicht vorbei. Ein Trainer findet deutliche Worte.

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Freiburgs Trainer Christian Streich schaut ernst
Freiburgs Trainer Christian Streich spricht sich klar gegen Rechtsextremismus ausBild: Tom Weller/dpa/picture alliance

"Wer jetzt nicht aufsteht, der hat nichts verstanden. Es ist fünf vor zwölf", sagte Christian Streich am Donnerstag bei der Pressekonferenz vor dem Bundesliga-Spiel des SC Freiburg gegen die TSG Hoffenheim. Der Trainer der Freiburger findet bereits seit vielen Jahren mahnende Worte zu vielen gesellschaftspolitischen Entwicklungen in Deutschland und der Welt. Nun äußerte er sich auch zum stärker werdenden Rechtsextremismus und den Vertreibungsplänen der Partei Alternative für Deutschland (AfD). Streich war selbst mit auf der Straße und hat in seiner Heimatstadt gemeinsam mit Tausenden anderen demonstriert.

In Leipzig warnte auch Streichs Trainerkollege Marco Rose vor der politischen Entwicklung: "Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass man gegen Dummheit und Rechtsextremismus in jeder Form aufsteht", sagte Rose, der aus Sachsen stammt, einem der Bundesländer, in denen die AfD sehr hohe Zustimmung genießt. "Ich finde es gut, dass die Leute das auch machen, dass sie klar Flagge zeigen und auf die Straße gehen."

Für demokratische Werte im Wahljahr 2024

Die Aussagen Streichs und Roses sind nur zwei Beispiele dafür, wie deutlich sich Akteure und Klubs der Fußball-Bundesliga positionieren und dazu aufrufen, im Wahljahr 2024 für demokratische Werte einzustehen. In diesem Jahr findet nicht nur die Europawahl statt. In Berlin muss im Februar in 455 der 2256 Wahlbezirke die Bundestagswahl von 2021 wiederholt werden. Außerdem werden in den ostdeutschen Bundesländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg neue Landtage gewählt. Alle Umfragen deuten darauf hin, dass die AfD deutlich an Stimmen gewinnt. In Thüringen könnte sie am Ende mit Björn Höcke unter Umständen sogar den Ministerpräsidenten stellen. Höcke wird vom Verfassungsschutz, dem obersten Inlandsgeheimdienst Deutschlands, seit März 2020 als Rechtsextremist eingestuft.

Bernd Höcke bei einer Rede
Thüringens AfD-Chef Björn Höcke steht innerhalb der Partei für einen rechten KursBild: Britta Pedersen/dpa/picture alliance

Hintergrund der aktuellen Diskussionen um Demokratie und Rechtsextremismus ist ein vom Medienhaus Correctiv publik gemachtes Treffen von Rechtsradikalen mit Politikern von AfD und CDU in einer Potsdamer Villa. Gesprochen hat dort auch Martin Sellner, der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich. Es ging unter anderem um einen Plan zu einer - so wörtlich - "Remigration", nach dem Millionen Menschen mit Migrationsgeschichte aus Deutschland zu vertrieben werden sollen.

Fußballklubs mobilisieren Fans

In der Folge hatte es in vielen deutschen Städten große Demonstrationen und Kundgebungen gegen rechts gegeben - und auch der Profifußball positioniert sich. "Nie Wieder ist jetzt! Kommt alle rum", schrieb der FSV Mainz 05 zu einer am Donnerstagabend geplanten Versammlung gegen rechts. Zweitligist FC St. Pauli rief alle Mitglieder per Rundschreiben dazu auf, zur Veranstaltung "Hamburg steht auf" am Freitagnachmittag auf dem Rathausmarkt zu gehen.

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) verwies auf Anfrage auf ihre Satzung, laut der man sich "der hohen sozialen und gesellschaftspolitischen Bedeutung des Fußballsports bewusst" sei. Am Mittwoch hatte Abwehrspieler Timo Hübers vom 1. FC Köln eine Demonstration gegen rechts in der Stadt des Bundesligisten gelobt und sich klar gegen rechtes Gedankengut positioniert. "Was auf jeden Fall eine überragende Aktion war, war die Aktion gestern Abend am Heumarkt", sagte Hübers in einem vom Verein geteilten Video von der Versammlung in der Kölner Stadtmitte, an der bis zu 30.000 Menschen teilgenommen hatten.

Demonstration des "Bündnisses gegen Rassismus" in Köln
In Köln gingen am Dienstag rund 30.000 Menschen für Demokratie und Vielfalt auf die StraßeBild: Oliver Berg/dpa/picture alliance

Der VfB Stuttgart gab an, "für unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaft, für ein friedliches Miteinander und für Weltoffenheit" zu stehen. Zweitligist Schalke 04 kündigte für die kommenden zwei Wochen etliche Aktionstage für Vielfalt und Toleranz an, um damit ein deutliches Zeichen gegen Hass und Hetze zu setzen. "Es ist für uns von großer Bedeutung, gerade in den aktuellen Zeiten, als Schalker aufzustehen", sagte der Vorstandsvorsitzende Matthias Tillmann.

DFB solidarisiert sich

Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) solidarisierte sich mit den vielen Demonstrierenden gegen Rechtsextremismus und Ideen einer Massendeportation. "Fantasien über Remigration im Sinne einer Zwangsausweisung deutscher Staatsbürgerinnen und Staatsbürger alarmieren uns", sagte Celia Sasic, DFB-Vizepräsidentin für Gleichstellung und Diversität, am Freitag.

"Dieser Tage versammeln sich im ganzen Land zehntausende Menschen, die sich laut gegen die gegenwärtigen Entwicklungen stellen", sagte Sasic, und sie erklärte: "Mit dieser Haltung solidarisieren wir uns als DFB. Denn es ist unsere Haltung."

Sasic betonte zudem die integrative Kraft des Fußballs und anderer Sportarten und -vereine: Wo andere "mit populistischen Gedanken" spalteten, bringe "der Fußball zusammen. Sportplätze, Vereinsheime, im gewissen Sinne sogar die TV-Übertragung eines Länderspiels sind oder schaffen Orte der Gemeinschaft und des Miteinanders." Durch die gemeinsame Begeisterung für das Spiel entstünden einzigartige Möglichkeiten zur Förderung von Teilhabe und Zugehörigkeit, von denen alle profitieren könnten. 

Gebauer: "Erheblicher Wert"

Sportphilosoph Gunter Gebauer ist davon überzeugt, dass die Äußerungen und Aufrufe von Profifußballern und Klubs eine Wirkung erzielen können. "Es hat einen erheblichen Wert, weil rechtsradikale Kreise auch vom Bundesliga-Fußball angezogen werden", sagte der Professor der Freien Universität Berlin gegen der Deutschen Presse-Agentur. "Und wenn ihnen da eine konträre Meinung, die fest und überzeugend vorgetragen wird, entgegenschlägt, wird es sie auch beeindrucken."

asz/sn (SID, dpa)